Bericht "Cornelius Souchay – ein "guter Sklavenhalter" aus Hanau

 Haupthaus um 1850Cornelius Souchays im neo-klassizistischen Stil errichtetes Herrenhaus auf seinem Anwesen „Angerona“ war typisch für die repräsentativen Gebäude der Pflanzeraristokratie auf Kuba im frühen 19. Jahrhundert.

Hanau kann auf zahlreiche interessante und historisch bedeutende Persönlichkeiten aus Vergangenheit und Gegenwart verweisen. Dazu zählen vorrangig die Brüder Grimm, aber ebenfalls Paul Hindemith, Moritz Daniel Oppenheim, Louis Appia, Elisabeth Schmitz, Rudi Völler und andere Akteure. Ein in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlicher gebürtiger Hanauer war auch Cornelius Souchay (1784–1837).

Der Hanauer Journalist Werner Kurz referierte dazu kürzlich im Schlossgartensaal der Karl-Rehbein-Schule vor gut 40 Zuhörern im Rahmen der Vortragsreihe von IGHA, HGV und VHS. Am Beginn standen Bemerkungen über die aktuelle Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit der europäischen Staaten sowie der herausgehobenen Rolle vieler Bewohner der Hanauer Neustadt mit ihren vielfältigen internationalen Kontakten in vergangenen Jahrhunderten.

Zu dieser Kategorie zählte auch der Hanauer Kaufmann Cornelius Souchay, dessen Lebensweg im Mittelpunkt der kurzweiligen und informativen Ausführungen von Kurz stand. Das Besondere an Souchays Vita war nicht allein, dass dieser Spross einer 1780 aus der Schweiz in die Hanauer Neustadt eingewanderten protestantischen Goldschmiedefamilie mit guten Geschäftsbeziehungen zu Glaubensbrüdern in Zürich und in den Niederlanden entstammte und schon früh seine Heimatstadt verließ. Vielmehr konnte er sich nach einer Zwischenstation in den USA 1807 auf der Karibikinsel Kuba niederlassen, das damals noch unter spanischer Vorherrschaft stand. Dort besaß ein Verwandter Souchays bereits eine Plantage, sodass auch er 1813 dank königlichem Privileg ein derartiges Anwesen erwarb, das er mittels Sklavenarbeit bald mit wirtschaftlichem Erfolg betreiben konnte.

Der neue Plantagenbesitzer „Don Cornelio Souchay-Escher“, wie er sich nunmehr nannte, hatte das richtige unternehmerische Gespür und setzte auf den lukrativen Kaffeeanbau. „Angerona“, wie Souchay seine Anwesen taufte, war Anfang der 1830er Jahre eine der wichtigsten Kaffeeplantagen Kubas. Dort wurden von über 450 Sklaven 2,2 Prozent des kubanischen Kaffees in einer hohen Qualität aus über einer Million Kaffeepflanzen erzeugt.

In dieser Blütezeit der Kaffeepflanzung erhielt Souchay Unterstützung von Ursula Lambert, einer schwarzen Sklavin mit deutsch-französischem Namen aus Santo Domingo. Sein wirtschaftlicher Erfolg und sicherlich ebenso sein Liebesverhältnis zu dieser klugen und geschäftstüchtigen Frau beeinflussten die Einstellung des gebürtigen Hanauers zu seinen Sklaven auf seinem Anwesen.

Während des Vortrages wurde offensichtlich, dass gerade diese Passagen der von Werner Kurz geschilderten Lovestory auf großes Interesse trafen und den Großteil der Zuhörerschaft in der Rehbein-Schule sichtbar in Erstaunen versetzten.

Souchays enges Verhältnis zu seiner geschäftstüchtigen Liebhaberin dürfte ihn letztlich beeinflusst haben, im Gegensatz zu anderen Sklavenhaltern seinen Leuten ein einigermaßen anständiges Leben zu ermöglichen. So gab es angemessene Unterkünfte und ausreichend Lebensmittel sowie eine eigene Wasserversorgung und sogar ein eigenes Krankenhaus. Ein amerikanischer Prediger wertete die Verhältnisse in „Angerona“ mit den Worten, wonach „es kaum anderswo auf Kuba in einer Plantage mit einer so großen Anzahl von Sklaven so viele in so guter Gesundheit gibt.“

Cornelius Souchays starb 1837 in Havanna, nicht ohne seiner Liebe Ursula noch eine jährliche Rente von 2.000 Pesos zuzusichern. Die Beziehung zwischen Souchay und Lambert gehört, laut Kurz, mittlerweile zur Folklore der Region und auch in der offiziellen Tourismuswerbung ist ihre außergewöhnliche Liebesgeschichte überaus präsent.

Doch abschließend ist natürlich ausdrücklich festzuhalten: Trotz des von dem gebürtigen Hanauers Souchay gepflegten menschlichen Umgangs mit seinen Sklaven verblieben diese dennoch in einer für Menschen unwürdigen Abhängigkeit und Unfreiheit.

Bild und Text – Erhard Bus


 

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